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Zurück in die Wirecard
Über die Anfänge der insolventen AG aus München
 
 
 
 
 
 
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Zurück in die Wirecard

Zeitreisen zurück in die Vergangenheit zu tätigen ist wohl einer der am meisten ausgeführten Szenarien in Science Fiction Romanen. Die erste Erwähnung einer übernatürlichen Reise in die Vergangenheit erfolgte wohl im 1849 erschienen Charles Dickens Roman "Eine Weihnachtsgeschichte", die erste wirkliche Nennung einer Zeitmaschine erfolgte 1895 in H. G. Wells Buch "Die Zeitmaschine".

Keine 130 Jahre später wünscht man sich gewissermaßen eine solche Zeitmaschine, um in die Anfangszeiten des im Jahre 2020 Insolvenz angemeldeten DAX-Unternehmen Wirecard gehen zu können. Hätte man eine solche, müsste man den Schalter wohl auf das Jahr 1998 stellen und auf den Knopf drücken.

Zu dieser Zeit nämlich gründete man in München das Unternehmen 'ebs Electronic Billing Systems AG' mit Sitz in Grasbrunn, einen Anbieter von Lösungen und Dienstleistungen rund um den damals neu aufkommenden eCommerce Bereich. Da sich damals so viele Geschäftssparten ausmachen ließen, gründete man nur ein Jahr später die ebs Holding AG, unter deren Dach sich neben einigen anderen Unternehmen auch die 'ebs Electronic Billing Systems AG' nun befand.



Mit Wirkung zum 21. Januar 2002 schließen sich die ursprüngliche 'ebs Electronic Billing Systems AG' und die damals junge Wire Card AG unter Markus Braun und Jan Marsalek zusammen und werden für einige Zeit als die beiden wichtigsten Sparten der ebs Holding AG geführt. Es scheint so einiges hin-und-her gegeben zu haben damals, was sicherlich auch an den Ungewissheiten des Marktes und wohl auch mit den Auswirkungen der Anschläge auf die World-Trade-Center in New York vom 11. September 2001 zusammenhing.

In dieser Zeit muss sich auf der anderen Seite des atlantischen Ozeans in verschränkter Weise ähnliches zugetan haben wie in München, denn ein am 21. September 2000 auf den Prince Edwards Inseln gegründetes Unternehmen mit Namen SureFire Commerce Inc. aus Kanada schließt sich mit oben genannter ebs Holding AG zusammen. Die kanadische SureFire Commerce Inc. unterschrieb am 1. Oktober 2002 eine Vereinbarung sowohl mit 'ebs Electronic Billing Systems AG' als auch mit
Es wird angegeben, dass "Markus Braun, ein ehemaliger Direktor [von SureFire Commerce / Terra Payments], der durch die ebs Holding AG benannt wurde", fortan im Management-Vorstand ersetzt werde durch Michelle Cormier. 
ebs Holding AG und erwirbt mit Wirkung zum 1. April 2003 eine 51%ige Mehrheitsbeteiligung in die Grasbrunn-basierte 'ebs Electronic Billing Systems AG'. Gleichzeitig erhält die ebs Holding AG die Rechte an 63% aller Anteile an SureFire Commerce Inc.

Offenbar musste oder wollte man schon damals die Dinge bewusst verschleiern und verwirren, denn nur wenige Monate später kündigt SureFire Commerce Inc. an, dass man mit Wirkung zum 29. September 2003 nicht nur ein registrierter Kunde bei VISA und Mastercard werde, sondern sich fortan als Terra Payments Inc. bezeichne; ein Unternehmen, das seit 1982 in Kanada existierte und wohl als elementarer Ursprung der gesamten Wirecard-Saga anzusehen ist.

Terra Payments gibt an, dass man nun, fünf Monate später, nur noch 10.5% in ebs Holding AG halten werde, wozu offenbar auch Klaus Rehnig, Mitglied des Aufsichtsrat bei SureFire Commerce/Terra Payments (!), zustimmte. Gleichsam wird angegeben, dass "Markus Braun, ein ehemaliger Direktor [von SureFire Commerce / Terra Payments], der durch die ebs Holding AG benannt wurde" (!), fortan im Management-Vorstand ersetzt werde durch Michelle Cormier, eine ehemalige CFO der kanadischen Investmentfirma TNG Capital Inc. Finanzdetails geben an, dass 'ebs Electronic Billing Systems AG' zuvor SureFire Commerce Inc. mit Geldzuwendungen unterstützte, z.B. durch kurzzeitige Kredite und "Transaktionskosten" in Höhe von mehreren Millionen US Dollar.

Nachdem ebs Holding AG bis dato auch 63% Anteile an SureFire Commerce hielt, reduzierte man diesen Anteil nur wenige Monate später mit Wirkung zum 7. August 2003 auf 21%. Weitere wenige Monate später ändert man mit Wirkung zum 5. Dezember 2003 erneut Stimmrechtanteile bezüglich ebs Holding AG und TerraPayments Inc., und gibt in vorweihnachtlicher Stimmung zudem auch noch an, dass "EBS Holding an Terra[Payments] die Summe von 500.000 US Dollar zahlen werden, zahlbar in sechs Teilzahlungen".

Michelle Cormier ist wieder in den Verwaltungsrat eingetreten und hat Markus Braun ersetzt, der von der ebs Holding AG in den Verwaltungsrat berufen wurde. Frau Cormier war von April 2002 bis März 2003 Mitglied des Verwaltungsrats der Gesellschaft. Frau Cormier ist derzeit Executive Vice-President und Chief Financial Officer von TNG Capital Inc., einer privaten Investmentgesellschaft, und war vor Januar 2001 Vice-President und Chief Financial Officer von Repap Enterprises Inc., einem integrierten Forstproduktunternehmen. Frau Cormier ist ebenso Mitglied des Prüfungsausschusses des Unternehmens geworden. Die Herren Tommy Boman, Mitchell Garber, Brahm Gelfand, Joel Leonoff, Klaus Rehnig und Steve Shaper wurden ebenfalls erneut in den Aufsichtsrat berufen.

SureFire Commerce Inc. Mitteilung von September 2003

Nachdem man so mehr oder weniger verblieb, saugt ein paar Jahre später in 2005 die ebs Holding AG in Deutschland die am TecDax gelistete InfoGenie AG auf und gibt sich fortan nur noch als die bekannte Wirecard AG aus.

Beteiligte Personen aus Wien, München und Deutschland wurden bekanntlicher Weise im Zuge des Wirecard-Skandals genauer unter die Lupe genommen, auch bei Untersuchungen im Deutschen Bundestag. Betrachtungen einiger Persönlichkeiten aus Kanada sind jedoch nicht minder interessant.

Da wäre zum Beispiel Mitch Garber, ein ehemaliger kanadischer Rechtsanwalt, der seine Tätigkeit bei der bekannten Montreal-basierten Kanzlei 'Lazarus Charbonneau' im Jahre 1999 aufgab, um SureFire Commerce Inc.

Mitch Garber
mit den beiden Montrealesen Joel Leonoff und Rory Olson zu gründen. Wie oben erwähnt, wurde SureFire Commerce Inc. nicht nur 2003 mit ebs Holding AG verschränkt in Terra Payments Inc. umgewandelt, sondern zudem ab Anfang 2014
Er ist Aufsichtsrat bei einem bekannten NHL Profi-Eishockey-Team, Aufsichtsrat beim österreichischen Modeunternehmen Wolford, er hat Verbindungen zu israelischen AI High-Tech Unternehmen und ist Vorsitzender von 'Invest in Canada'. 
zusammengefügt mit der Optimal Group Inc., die nach einigen US-Firmeneinkäufen in das erfolgreiche Pendent zu Wirecard, die PaySafe Group, umbenannt wurde. PaySafe wurde durch SureFire Commerce Gründer Joel Leonoff im Jahre 2017 für 3,9 Milliarden US Dollar an CVC Captial Partners und Blackstone verkauft, und anschließend erfolgreich an die Börse gebracht.

Mitch Garber rangierte 2017 auf der Liste der bestbezahltesten CEOs in Amerika auf Platz 7. Er hat Verbindungen in viele Bereiche kanadischer Finanzpolitik, ist Aufsichtsrat bei einem bekannten NHL Profi-Eishockey-Team, Aufsichtsrat beim österreichischen Modeunternehmen Wolford, er hat Verbindungen zu israelischen AI High-Tech Unternehmen und ist Vorsitzender von 'Invest in Canada', dem Fonds für Auslandsinvestitionen nach Kanada. Im April 2013 wurde Garber CEO von Caesars Acquisition Company, welche Caesars Interactive, Planet Hollywood und andere Marken beinhaltet. Er ist Verantwortlicher für die WSOP World Poker Series und expandierte maßgeblich die London-basierte PartyGaming PLC, bevor er die Firma im Mai 2008 verliess - etwa um die Zeit, als Wirecard in deren erste Beschwerdeprobleme bezüglich der Übernahme der TrustPay AG geriet.

Garber ist laut seinem Lebenslauf auch ein regelmässiger Co-Investor bei einem gewissen 'Apollo Global Management', was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass ein chinesisches Konsortium im Sommer 2016 die Online-Gaming-Einheit seiner Caesars Entertainment Corporation für satte 4,4 Mrd. USD (!) aufkaufte - etwa das 18-fache dessen, was man Jahre zuvor dafür bezahlt hatte. Garber hat reichlich verdient an dem Deal und finanziert nun viele andere Projekte, auch über Apollo. Ob er eine Rolle beim Wechsel von Ex-BaFin-Direktor Felix Hufeld zu genau dem gleichen 'Apollo Global Management' im Jahr 2022 gespielt hat - ein gutes Jahr nachdem Hufeld die BaFin wegen seiner Rolle in der Wirecard Angelegenheit verlassen musste - ist bisher nicht bekannt.

Eine weitere interessante kanadische Persönlichkeit könnte zumindest potenziell eine Person namens Rahul Sharma sein, ein führender Anwalt für Treuhand- und Nachlassangelegenheiten mit Sitz in Toronto. Er ist eng mit dem Medien- und Nachrichtengiganten Thomson Reuters verbunden, hier zum Beispiel als Mitherausgeber der Reuters-eigenen Publikation 'Steuern und Vermögensverwaltung'.
Ein solcher Rahul Sharma von dem manche behaupten, er sei nur ein "Phantom" gewesen, vertrat EMIF als zentraler Ansprechpartner in den Verhandlungen mit Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Wirecard-Managern. 
Ein gewisser dubioser Rahul Sharma ist auch eine der Schlüsselfiguren bei der in 2015 von Wirecard eingefädelten Übernahme des indischen Unternehmens Hermes e-Tickets, das vom auf Mauritius ansässigen EMIF-Fonds für insgesamt 320 Millionen Dollar an Wirecard verkauft wurde, nachdem Hermes vom EMIF einige Monate zuvor für rund zehn Prozent davon übernommen worden war. Ein solcher Rahul Sharma vertrat EMIF als zentraler Ansprechpartner in den Verhandlungen mit Anwälten, Wirtschaftsprüfern, sowie Wirecard-Managern und -Aufsichtsratsmitgliedern - ein Sharma von dem manche behaupten, er sei nur ein "Phantom" gewesen, das nie wirklich existiert habe.

Nicht minder interessant ist Mitch Garbers ehemalige Anwaltskanzlei 'Lazarus Charbonneau' in Montreal, die sich als Spezialist in Rechtsprechungen von Casinos und Unternehmen explizit im Spielesektor ausgibt. Im Top Management sitzt oder saß dort eine Person mit Namen Morden "Cookie" Lazarus, ein Anwalt in Seniorposition. Cookie ist Vorsitzender in vielen Casino-Spiel-Kommitees und geradezu berühmt unter Anwälten. Dies sowohl in Kanada, als auch im Vereinigten Königreich (UK).

Ob man ihn auch beim 2009 aufgelösten Skandalunternehmen Magna Entertainment Corp. kennt, die nicht nur in Österreich, England und Deutschland mehrere Online-Pferdewettplattformen besaßen, sondern in Österreich und Nordamerika auch gleich noch einige Pferderennbahnen ? Und ob er vielleicht auch die eine oder andere Wette mit den beiden österreichischen Staatsbürgern Dr. Markus Braun und Jan Marsalek dort abschloss ?


Dazu müsste man allerdings in der Zeitmaschine den Schalter auf noch weiter zurück in die Vergangenheit stellen und den Knopf drücken.










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